Beweissicherungsgutachten


Gerichtsverfahren sind nicht die einzige Möglichkeiten um Streitfälle zu schlichten oder zu entscheiden.

 

Oftmals ist der Gang an die Gerichte, und das unter Umständen durch mehrere Instanzen, kosten- und zeitaufwändig. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber die Möglichkeit des sogenannten selbstständigen Beweisverfahrens geschaffen. Ziel dieses Ansatzes ist es, die Verfahren zu vereinfachen und die Gerichte durch die Möglichkeit einer außergerichtlichen Streitbeilegung zu entlasten. Da hierbei der beauftragte Sachverständige nicht von den Parteien oder etwa nur einer Partei ausgewählt sondern vom Gericht bestimmt wird, hat das erstellte Gutachten im später ggf. stattfindenden Prozess Bestand.

 

Grundzüge des Verfahrens: Wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch den Sachverständigen bei Gericht beantragen, wenn ein rechtliches Interesse besteht, weil

  • die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
  • der Aufwand zur Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
  • der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache festzustellen sind.

Ein rechtliches Interesse liegt hierbei bereits dann vor, wenn die Feststellung zur Vermeidung eines Prozesses dienen kann. Es soll durch Aufklärung des Sachverhaltes eine Vergleichsmöglichkeit für die Parteien geschaffen werden, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Gleichzeitig sollen dadurch die Gerichte entlastet, die Verfahrensbeteiligten zu einer Lösung kommen und die Verfahrenskosten gering gehalten werden.

 

Nach § 485 Absatz 2 ZPO kann ohne Zustimmung des Gegners und bevor es zum Rechtsstreit kommt, beim zuständigen Gericht die Begutachtung des strittigen Sachverhaltes durch einen Sachverständigen beantragt werden. Voraussetzung ist, dass ein eigenes, nicht ausschließlich wirtschaftliches oder persönliches Interesse an der Beweiserhebung besteht. Das rechtliche Interesse ist hierbei schon dann gegeben, wenn es nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint, dass auf diesem Weg ein Rechtsstreit vermieden werden kann.

 

Als Beweismittel kommt ausschließlich die Begutachtung durch einen Sachverständigen in Betracht. Ist ein Rechtsstreit bereits anhängig, muss der Antrag auf Beweissicherung bei dem Prozeßgericht beantragt werden. Ist der Rechtsstreit noch nicht anhängig, so ist der Antrag bei dem Gericht zu stellen, das nach dem Vortrag des Antragstellers zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre. In Fällen akuter Gefahr kann der Antrag bei dem Amtsgericht gestellt werden, in dessen Bezirk sich die streitbefangene Sache befindet, oder in dessen Bezirk sich die zu vernehmende oder in Augenschein zu nehmende Person befindet. Der Antrag auf Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens ist schriftlich bei Gericht einzureichen, oder mündlich dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorzutragen.

 

Um die Gewährleistung zu unterbrechen ist es wichtig, daß der Antrag die Bezeichnung des Gegners enthält. Diese Unterbrechung gilt aber nur für die im Antrag bezeichneten Mängel. Daher sollte dieser so konkret wie möglich die Bezeichnung der festzustellenden Tatsachen beschreiben. Ferner sind Zeugen und Beweismittel zu benennen. Da das Gericht nun den Sachverständigen bestimmt, ist es ausgeschlossen, dass der Antragsteller Einfluß auf den Sachverständigen und das Ergebnis der Beweissicherung nimmt.

 

Zur Beschleunigung des Verfahrens ist es hierbei dienlich, wenn die Antragsteller dem Gericht einen oder mehrere öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige bei Stellung des Antrages bereits vorschlagen. Für den Sachverständigen besteht die Möglichkeit, auch im ggf. nachfolgenden Rechtsstreit, als Gutachter aufzutreten. Die Ablehnung des SV durch eine Partei wegen der Besorgnis der Befangenheit ist somit ausgeschlossen. Es braucht kein weiterer SV gesucht zu werden, der sich neu in die Materie einarbeiten muß.

 

Wenn eine Einigung zu erwarten ist, kann das Gericht im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens die Parteien zur Klärung des Sachverhaltes zur mündlichen Anhörung laden. So hat das Gericht die Möglichkeit, innerhalb und außerhalb eines strittigen Verfahrens im Sinne beider Parteien eine rechtskräftige Entscheidung herbei zu führen.

 

Einer der Vorteile des Beweisverfahrens ist, dass durch diese Verfahrenswahl die mögliche Verjährung von Gewährleistungsansprüchen des Bestellers aufgehalten werden kann (Verjährungsunterbrechung). Ein weiterer Vorteil ist darin zu sehen, dass zunächst nur geringe Gerichtskosten anfallen.

 

Ein Nachteil ist darin zu sehen, dass am Ende eines solchen Verfahrens weder ein Urteil noch eine gerichtliche Entscheidung ausgesprochen wird, welche die Ansprüche abschließend regelt. Es ergeht auch keine Entscheidung bezüglich der Übernahme der Verfahrenskosten. Ein sich anschließendes Klageverfahren wird daher unter Umständen nach wie vor erforderlich sein, wenn über diese strittigen Punkte keine Einigung erzielt wird. Ein sofort eingeleitetes Klageverfahren kann daher möglicherweise schneller zu der angestrebten Entscheidung durch das Gericht führen.

 

Für den Sachverständigen gelten beim Beweisverfahren dieselben Grundsätze wie bei einem gerichtlichen Gutachten. Zur Durchführung des Ortstermins sind beide Parteien rechtzeitig zu laden, da sonst unter Umständen das Gutachten vor Gericht nicht anerkannt wird. Als Frist wird in der Regel ein Zeitraum von 14 Tagen als ausreichend angesehen.